RECHTSRADIKAL
Christoph Winkler
RECHTSRADIKAL erforscht den inneren und äußeren Konflikt von Frauen in rechtsradikalen Bewegungen.
Lange wurden sie nur als Anhängsel der Männer betrachtet, als Gefährtin , als das Heimchen am Herd. Doch jeder fünfte Neonazi ist heute weiblich und jede zehnte rechtsradikale Straftat geht auf das Konto einer Frau. Doch trotz ihrer gewachsenen Bedeutung für die rechtsradikale Bewegung sind sie nach wie vor mit einem biologistischen Rollenverständnis konfrontiert. In RECHTSRADIKAL sucht nun Christoph Winkler zusammen mit vier jungen Tänzerinnen nach einem tänzerischem Ausdruck für da radikale körperliche Drama in dem sich rechte Frauen befinden.
LOFFT-WG: Direkt anschließend an die Premiere am 26. September gibt es im LOFFT-Foyer eine Diskussionsrunde mit Christoph Winkler, Tobias Prüwer, Christian Fuchs und Stefan Kausch, zu der wir Sie herzlich einladen!
Der Choreograph Christoph Winkler über sein Stück:
"Versucht man sich rechtsorientierte Frauen vorzustellen, greift man sofort auf die Bilder zurück, die uns überall in den Medien begegnen: kurz rasierte Haare in Skinheadmanier, vielleicht noch mit einem Rest von Pony, oder vermummte Kämpferinnen der freien Kameradschaften. Selbst die Zwickauer Zelle wird vornehmlich als schwarz-weißes Fahndungsfoto porträtiert. Addiert man dann noch Jahrzehnte der dokumentarischen Aufarbeitung der Nazizeit in bewährter TV-Manier durch Guido Knopp, so ergeben sich untrennbare Verbindungen von Bildern und Ästhetiken mit dem Phänomen des Rechtsradikalismus. Nun taucht mit Beate Zschäpe plötzlich eine Frau auf, die diesem Klischee so gar nicht entsprechen will. Eine adrette junge Frau mit Stirnband und leicht gebräunt vom letzten Surfurlaub. Aber bereits in dieser Zeit lebt sie im Untergrund und arbeitet aktiv an den mörderischen Plänen ihrer Bande mit. Es gelingt ihr über Jahre die soziale Fassade nach außen aufrecht zu erhalten. Sie trinkt Ouzo mit den griechischen Nachbarn während die Männer einen griechisch-stämmigen Mann töten. Und Beate Zschäpe soll nicht den Blick darauf verstellen, dass es ganz allgemein einen ständig steigenden Anteil von Frauen in den rechten Bewegungen gibt. Wir müssen uns fragen, warum das all die Jahre außerhalb der Forschung kaum wahrgenommen wurde. Kann es sein, dass es auch mit unserem Blick auf das Phänomen zu tun hat? Wollen wir vielleicht nicht wahrhaben, dass Rechtsradikalismus in der Mitte der Gesellschaft entsteht, und die Drift an die Ränder erst mit der Radikalisierung einsetzt?
Mit diesem Stück und der Entscheidung es tänzerisch umzusetzen möchte ich deshalb den Fokus der Wahrnehmung etwas verändern und dabei auch die bekannten Bilder hinterfragen. Es geht mir weniger darum Formationen im Gleichschritt abzubilden. Für mich ist das Zittern der jugendlichen Faust bevor der erste Stein geworfen wird auch Rechtsradikalismus. Und es ist genauso das spöttische Zucken des hübschen Mundes während er hässliche Worte ruft. Nur wenn man begreift, dass die alten Bilder nicht mehr funktionieren, können wir unseren Blick neu justieren und die Gefährlichkeit von rechtem Gedankengut gerade für junge Menschen wirklich verstehen."
Eine Produktion von Christoph Winkler und ehrliche arbeit – freies Kulturbüro, in Koproduktion mit Lofft – Das Theater, Leipzig. In Zusammenarbeit mit der Heinrich-Böll-Stiftung und SOPHIENSÆLE. Gefördert aus Mitteln des Hauptstadtkulturfonds und des Kulturamts der Stadt Leipzig. Mit freundlicher Unterstützung von Phase 7.
KONZEPT Christoph Winkler
VON UND MIT Katarina Sitar, Emma Daniel, Shiran Eliaserov, Claire Vivianne Sobottke
KOSTÜME Lisa Kentner
LICHT+TECHNIK André Schulz
PRODUKTIONSDRAMATURGIE ehrliche arbeit – freies Kulturbüro