GESPRÄCH: JINX ALL GENDER! – ÜBER DAS QUEERFEMINISTISCHE POTENZIAL VON HEXEREI
DIE SOZIALE FIKTION (LEIPZIG) UND CHRISTIANE FROHMANN (BERLIN)
In Disneyfilmen haben Hexen Übergewicht und Warzen im Gesicht. Hexen lassen Ungeborene verschwinden und leben alleine im dunklen Wald. Im Sorbischen wird bis heute das traditionelle »Hexenbrennen« gefeiert. Donald Trump macht Wahlkampf, indem er Hillary Clinton als »Hexe« diskreditieren will. Ein Hexenkessel voll Misogynie – und das bis heute...
Die Verfolgung und Ermordung von unliebsamen Frauen* als Hexen ist nicht mit dem Mittelalter untergegangen. Sie hat sich nur ins Private verlagert: Jeden dritten Tag ermordet ein Mann in Deutschland seine (Ex-)Frau. Doch die Hexen holen sich die Deutungshoheit über ihre Magie und misogyne Darstellung zurück – hexhex! – und sagen Kapital, Geschlecht und Patriarchat den Kampf an! So singt Princess Nokia in ihrem Song BRUJAS: „We is them ghetto witches / Speaking in tongue bitches / Fall on the floor / Got sage on the door“.
Die Soziale Fiktion sucht in ihrer Inszenierung IN ZUNGEN – HEX*EN HAUFEN KONSENS nach Ritualen, um festgefahrene und abwertende Bilder von gender vollends zu verhexen! Queerfeministische Figuren, Formeln und Hexenzirkel ersetzen die krude Alte mit den roten Haaren. Die Verlegerin Christiane Frohmann erweitert im Gespräch diese Suche nach dem emanzipatorischen Moment der Hexerei um präraffaelitische Memes und popkulturelle Magie.
Christiane Frohmann ist Inhaberin des mit einem Deutschen Verlagspreis ausgezeichneten Frohmann Verlags und freie Autorin. Als Expertin für Fragen des digital-kulturellen Wandels spricht sie auf nationalen und internationalen Konferenzen. Im Internet kennt man sie als Verfasserin der Phantom-Memes »Präraffaelitische Girls erklären«. Ihr letztes Buch PRÄRAFFAELITISCHE GIRLS ERKLÄREN HEXEREI erschien 2021. Gerade wurde ein Brief von ihr an Ruth Klüger in der von Selma Wels herausgegebenen Anthologie ANDERS BLEIBEN veröffentlicht.
DIE SOZIALE FIKTION ist der Zusammenschluss von Adele*Mike Dittrich Frydetzki, Felix Worpenberg und Marty Damour, der während des gemeinsamen Studiums der Kulturwissenschaften und ästhetischen Praxis in Hildesheim gegründet wurde. Seit mittlerweile zehn Jahren entwickeln sie in wechselnden Konstellationen und Kollaborationen Theater-Performances, ortsspezifische künstlerische Formate, Hörstücke und Veranstaltungsformate wie Festivals und Workshops. Für IN ZUNGEN unter der künstlerischen Leitung von Adele*Mike Dittrich Frydetzki verästelt sich die kollektive Struktur und wird zu drei Teams, in die jeweils weitere Kollaborateur*innen aus Bildender Kunst, Design, Musik und Performance eingeladen wurden.
Elena Strempek wird das Gespräch moderieren. Sie ist Künstlerin und Kunstvermittlerin, lebt und arbeitet in Leipzig. Ihr Schwerpunkt liegt auf Performance und künstlerischer Forschung. Die Frage nach der Zugänglichkeit von Kunst treibt sie spätestens seit ihrem Masterstudiengang »Critical and Pedagogical Studies« an der Kunsthochschule Malmö um. Außerdem ist sie Mitgründerin von »Zeremonien für alle«, wo sie seit 2019 Feste und Rituale mit und für Queers entwickelt.
MIT Christiane Frohmann, Die Soziale Fiktion
MODERATION Elena Strempek
GRAFIK Christiane Frohmann